»Top Dogs« begeistern Publikum
Theater: Schüler spielen eiskalte Manager, die an der eigenen Entlassung leiden – Einblick in menschliche Abgründe
Miltenberg. Julia Bertlwieser, Schülerin der elften Klasse im Johannes-Butzbach-Gymnasium, gehört seit September 2009 zum neunköpfigen Ensemble der Arbeitsgemeinschaft Schulspiel. Regelmäßig hat sie sich mit sechs Mitschülerinnen, zwei Mitschülern und der Deutschlehrerin Birgit Kindermann zum Proben getroffen.
Herausgekommen ist eine brillante Inszenierung des modernen Theaterstück »Top Dogs« von Urs Widmer am Dienstag und Mittwoch in der Schulaula. In zwei sehr gut besuchten Abendveranstaltungen entfesselten die jungen, talentierten Akteure für zwei Stunden ein energiegeladenes Bühnengeschehen, das vom Publikum begeistert aufgenommen wurde. Auf ganz eigene Weise interpretierten die neun Darsteller das Wirtschaftsdrama: Julia Bertlwieser, Elisabeth Haas, Carina Oettinger, Andreas Schreck, Pascal Smyrek, Franziska und Paula Grohmann, Kira Krüger und Tamara Lauth spielten »Top Dogs«, Spitzenkräfte aus den Managementebenen der modernen Wirtschaftswelt.
Entlassene Entlasser
In dem Stück sind die Großverdiener von ihren einflussreichen Positionen geflogen, müssen an einem Seminar für arbeitslose Manager teilnehmen und geben unter starkem sozialen Druck Einblick in ihre Gefühle und menschlichen Abgründe. Die Manager, die früher selbst zahllose Mitarbeiter entließen, können kaum begreifen, dass nun sie die Entlassenen sind und leiden darunter. Die Emotionen überschlagen sich, wechseln von hysterischem Lachen zu leidvollem Weinen. Die hart berechnende Wirtschaftswelt hat die eiskalten Manager zu seelischen Monstern gemacht. Sie sind von ihrem Beruf, ihrem Privatleben und sich selbst entfremdet. Gefühle von Sympathie, Liebe, Familienglück sind ihnen nicht mehr möglich.
Keiner der entlassenen Manager schafft es, in ein normales Leben zurückzufinden. Sie alle streben wahnhaft nach ihren alten Zielen: Macht, Einfluss, Ansehen und Geld. Ihre Rollenspiele im »Outplacement-Center« wirken entmenschlicht und bizarr. Teils nachdenklich gestimmt, aber auch etwas schadenfroh, dass es nicht immer nur den kleinen Mann von der Straße trifft, verließen die Zuschauer das Theaterstück.
Gelungene Inszenierung
Die temperamentvolle Inszenierung des 1997 erschienenen Stücks verlegte die Handlung aus der Schweiz in unsere Region und verjüngte die Manager – wegen des Alters der Darsteller. Das Bühnenbild, ein nahezu ausrangiertes Bürozimmer, wirkte symbolträchtig. Eine ausgesprochen gelungene Aufführung.
(Quelle: Roland Schönmüller, in: Bote vom Untermain vom 27.03.2010)
Fotos: Christina Schaefer