Ein Blick zurück – ganz ohne Gefühlsduselei
50 Jahre Abitur: Ehemalige des Johannes-Butzbach-Gymnasiums feiern zusammen mit dem Abiturjahrgang 2008 – „Wir alle brauchen Wegweiser“
Miltenberg. Während die frisch gebackenen Abiturienten des Johannes-Butzbach-Gymnasiums von ihrem Schulleiter zum Abschied ermuntert wurden, kreativ mit dem erworbenen Wissen ihr Leben zu gestalten, gab vor 50 Jahren der damalige Schulleiter seinen Schülern den Satz „mehr Sein als Schein“ mit auf den Weg.
Erhoffte Altersweisheit
Dieser Rat ist bis heute im Gedächtnis einer ehemaligen Schülerin geblieben, die zu den 22 Damen und Herren gehört, die am Freitag zur Feier des „goldenen Abiturs“ in Miltenberg erschienen sind.
Mit einem ehemaligen Schulkamerad blickte sie zurück, allerdings ohne Gefühlsduselei, sondern mit erhoffter Altersweisheit. „Wir alle brauchen Wegweiser, denn es ist schwer erwachsen zu werden“, so eine Erfahrung der inzwischen 70-Jährigen, die sich riesig freute, dass der ehemalige Chemielehrer sich zu seinen Abiturienten gesellte.
Ungeahnte Fortschritte
„Suchen Sie die Wahrheit“, forderten sie die jungen Menschen auf und „stehen Sie in einer Welt, wo es Halbwahrheiten im Überfluss gibt, zu Ihrem Wort.“ An Perspektiven sehen die ehemaligen Schüler für ihre jungen Kollegen ungeahnte Fortschritte auf allen Lebensgebieten, Zugang zu Wissenschaft, Literatur, Daten und Kunst, aber auch Gefahren durch fragwürdigen Fortschritt und Überfluss.
Teils unglaubwürdige Politik
Allerdings seien Gesellschaft und Politik teils unglaubwürdig und fremd geworden, so leise kritische Töne. Vor 50 Jahren gab es Armut, Elend, Hunger und Zerstörung, erinnerten sie sich; ihnen aber hätten alle Wege offen gestanden, sie seien überall erwartet worden, denn Arbeitslosigkeit habe es so gut wie nicht gegeben.
Über zwei Drittel sind Lehrer
1958 haben zu mehr als zwei Drittel die Schule nur vorübergehend verlassen, um als Lehrer zurückzukehren. Die meisten sind im Süden des Freistaats zu Hause, nur drei hat es nach Norddeutschland verschlagen. Zwei Schülerherzen haben bereits im Gymnasium zueinander gefunden, sie sind bis heute verheiratet.
Spendable Ehemalige
Da sich die „goldenen Abiturienten“ zur Entlassfeier des Johannes-Butzbach-Gymnasiums eingeladen hatten, ließen sie es sich nicht nehmen, den Sektempfang zu spendieren. Bei dieser Gelegenheit kam es zu manch nettem Gespräch, denn auch die 1958er haben Streiche gespielt, für die sie sich bis heute schämen.
(Quelle: Annegret Schmitz, in: Bote vom Untermain, 30.06.2008)