Theorie trifft Praxis: Betriebswirtschaftliche Fragestellungen am Beispiel der Fripa – Expertenvortrag am JBG

 

Toilettenpapier, Küchenrollen, Papiertaschentücher – Produkte, die in der heutigen Zeit aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken sind. Und doch steht hinter der Produktion und dem Verkauf jede Menge Planung und Kalkulation, damit diese Güter auch zu günstigen Preisen angeboten werden können.

Die betriebswirtschaftlichen Hintergründe dazu lieferte ein Expertenvortrag, den Jan Wohlbold, seines Zeichens Papieringenieur und Geschäftsführer der nahe gelegenen Papierfabrik Fripa Albert Friedrich KG, vor den Schülerinnen und Schülern der beiden Wirtschaftskurse der Q 11 am Johannes-Butzbach-Gymnasium am Dienstagnachmittag hielt.

In seinem Vortrag machte der Referent die Schülerinnen und Schüler nach einigen einleitenden Fragen zu deren Berufswünschen mit dem Begriff der „Fast Moving Consumer Goods“ (FMCG) bekannt. Dabei handelt es sich um Konsumgüter, die sich relativ schnell „umschlagen“, d. h. nach ihrer Produktion in kurzer Zeit über Logistik und Handel zu den Endverbrauchern gelangen. Mit vielen Zahlen und Vergleichen wurde veranschaulicht, wie energieintensiv die Produktion von Hygienepapieren ist. So fällt naturgemäß eine Menge Strom und Gas an. Dazu kommen noch Logistikkosten, denn es handelt sich ja um großvolumige Produkte, die bezogen auf ihren Produktwert recht hohe Transportkosten aufweisen. Neben den Personalkosten machen jedoch vor allem das benötigte Material (Zellstoff, Altpapier) und die Packstoffe den Löwenanteil der Kosten aus.

Herr Wohlbold führte bei seinen Erläuterungen allen sehr anschaulich vor Augen, dass die hergestellten Produkte im Grunde in den letzten Jahrzehnten nominal kaum teurer geworden sind, obwohl die Preise für Energie und Rohstoffe gerade in den letzten Jahren sehr stark angezogen haben. Der „Hebel“, diese Preisstabilität bei den hergestellten Produkten zu erreichen, war der technische Fortschritt verbunden mit der Investition in immer effizientere und kostensparende Maschinen und Anlagen. Damit wurde auch klar, dass die Fripa als Massenartikelhersteller sehr stark effizienzgetrieben ist, nicht zuletzt auch wegen der Konkurrenz durch osteuropäische Firmen, die oft mit geringeren Kosten arbeiten können.

Sehr gut konnten die Schülerinnen und Schüler die aus dem Unterricht bekannten fixen Kosten am Beispiel der Fripa nachvollziehen: Da die Produktion sehr energie-, vor allem aber auch kapitalintensiv ist, müssen die Anlagen – bis auf wenige Tage mit Wartungs- und ggf. Reparaturarbeiten – praktisch rund um die Uhr an sieben Tagen in der Woche laufen, um die Stückkosten niedrig halten zu können.

In einem weiteren Themenblock machte der Referent die rechtlichen Abläufe klar, die hinter den wirtschaftlichen Vorgängen stehen: Nach der Ausschreibung durch den Handel erfolgt ein Angebot seitens der Fripa zu einem Festpreis und zu anschließenden Verhandlungen darüber. Interessant war zu erfahren, dass es dabei nur um den Gewinn und Verlust von Regionen geht, die man beliefern darf, und nicht etwa um vordefinierte Mengen. Das heißt also: wird viel gekauft, muss auch viel geliefert werden. Alle können sich noch ganz gut an die leeren Regale während der ersten Corona-Phase erinnern, die mit dem Ausufern der Nachfrage nach Toilettenpapier, also den bekannten „Hamsterkäufen“, und den beschränkten Kapazitäten der Produktion und der Belieferung zu erklären sind.

Eine weitere betriebswirtschaftliche Frage war die nach der Notwendigkeit Gewinn zu erzielen. Dass diese Frage nicht nur das Unternehmen selbst betrifft, das auf diese Weise auch attraktive Löhne zahlen, wettbewerbsfähige Preise erzielen und Geld für wichtige Reinvestitionen bereitstellen kann, verdeutlichte der Referent mit dem Hinweis auf die Gewerbesteuereinnahmen, die der Stadt und indirekt auch dem Landkreis Miltenberg zugutekommen, die damit wiederum die notwendigen Eigenbeiträge für ihre Vorhaben (z. B. Fahrradwege) mitfinanzieren können.

Zuletzt ging Herr Wohlbold noch auf die Problematik der zurzeit extrem schnell steigenden Energiepreise ein, die die Papierproduktion verteuern können und auf verschiedene Ursachen zurückzuführen sind, u. a. im Moment durch das Abschalten von Kernkraft- und Braunkohlekraftwerken und die damit verbundene Angebotsverknappung, aber auch durch spekulative Bewegungen an den so genannten „Spot-Märkten“, auf denen tagesaktuell Lieferkontingente für Strom gehandelt werden und die Preise derzeit sehr stark angezogen haben. Nicht sehr rosig erscheint hier die zukünftige Entwicklung der Preise vor dem Hintergrund weiterer geplanter Kraftwerksabschaltungen ohne ausreichende Kompensation durch erneuerbare Energien.

Alles in allem konnten die Schülerinnen und Schüler in einer knappen Unterrichtsstunde an konkreten Beispielen viele Zusammenhänge und praktische Einblicke in betriebswirtschaftliche Fragestellungen gewinnen.

Wir danken Herrn Wohlbold ganz herzlich für seinen spannenden Vortrag und hoffen auf eine Wiederholung und Weiterführung an anderer Stelle!

 

(Bodo Weitz, 20. Januar 2022)