Märchenhafte Mildenburg: Projekt am JBG Miltenberg

Die Vergänglichkeit von Reichtum, das Überwinden gesellschaftlicher Grenzen und die Unzerbrechlichkeit inniger Liebe: Gedanken wie diese waren es, die die Schülerinnen und Schüler der Klasse 5c des Johannes-Butzbach-Gymnasiums Miltenberg im Rahmen einer Projektarbeit mit ihrem Deutschlehrer Jakob Link zu selbst verfassten Märchen verarbeiteten und damit zeigten, dass diese literarische Gattung keineswegs in der Vergangenheit stehengeblieben ist, sondern vielmehr das Potenzial bietet, auch in der Gegenwart zum Impulsgeber zu werden, Werte zu prägen und das eigene Weltbild auf den Prüfstand zu stellen.

Zur Annäherung an die Eigenheiten dieser wundersamen Prosatexte befassten sich die Gymnasiastinnen und Gymnasiasten nicht nur im Unterricht mit verschiedenen Märchen, anhand derer sie Gattungscharakteristika erarbeiteten und intensiv über Aussagekraft und Bedeutung diskutierten – vielmehr erlebten sie eine Lesenacht auf der Mildenburg, wo sie zunächst mit Gästeführerin Dorothea Zöller in die Geheimnisse der über 800 Jahre alten Burganlage eintauchten, Orte, die Besuchern gewöhnlicherweise verborgen bleiben, entdeckten und überlegten, welche märchenhaften Ereignisse sich dort zugetragen haben könnten.

Das Potenzial eines produktiven Umgangs mit Literatur zeigte sich der Klasse sodann bei einer märchenhaften Rallye durch die Räume des Burgmuseums, wo verschiedene Märchen nicht nur darauf warteten, gelesen, sondern auch in kreativer Form weiterverarbeitet zu werden. So wurden Szenen aus dem „Aschenputtel“ mit viel Einfallsreichtum als modernes Kurzvideo aufgenommen oder „Frau Holle“ in die Gegenwart transferiert, indem die Kinder die beteiligten Figuren Teil eines Gruppenchats werden ließen, wodurch sie sich dem Gehalt dieser Erzählungen intensiv annäherten und zugleich selbst gestalterisch tätig wurden.

Inspiriert von der gemeinsamen Nacht auf der Mildenburg widmete sich die Klasse in den folgenden Deutschstunden schließlich dem Verfassen ihrer eigenen Märchen. Mit viel Kreativität und der Beratung von Deutschlehrer Link wählten die jungen Autorinnen und Autoren passende Themen, entwarfen Figuren und Handlungsverläufe, tauschten sich über ihre Ideen aus und nutzten das weitläufige Schulgelände, um ungestört ihrem literarischen Schaffen nachzukommen.

Die Projektarbeit unterstreicht einmal mehr den Wert kompetenzorientierten und praxisnahen Lernens am Miltenberger Gymnasium: Die Schülerinnen und Schüler erfuhren Literatur nicht nur als Untersuchungsgegenstand, sondern vielmehr auf plastische und unmittelbare Weise als ihre eigene Schöpfung und Ergebnis eines kreativen Schaffensprozesses, das sie stolz präsentieren dürfen: Ab Mitte nächsten Jahres warten die Werke, die sie nach getaner Arbeit an Gästeführerin Dorothea Zöller und die stellvertretende Museumsleiterin Vera Mion übergeben haben, im Museum Burg darauf, die großen und kleinen Gäste mit der Magie, aber auch der ungebrochen wichtigen Botschaft der Märchen zu berühren.

(Jakob Link)